(Dayana Mordasini) Richi, bist du zufrieden?
Ich bin sehr zufrieden. Der Mediendruck ist zwar gross – nicht zuletzt natürlich wegen der Milieugeschichte. Aber das ist Teil meines Amts, ich stehe in der Öffentlichkeit, ich vertrete die Stadt.
Sex sells, auch bei der Polizei. Was sagst du dazu?
Wir reden von Fehlverhalten im Promillebereich. Nicht, dass ich das verharmlosen will, aber die Stadtpolizei macht grundsätzlich einen sehr guten Job. Schwierig ist, dass man am Anfang einer solchen Geschichte nicht genau weiss, wie gross so eine Sache ist und wie sich das weiter entwickelt. Die Frage ist dann, wie man mit einer solchen Situation umgeht und welche Lehren man daraus zieht.
Welche denn?
Man muss sich bewusst werden, dass das Rotlicht-Milieu bei der Polizei ein sehr sensibler Bereich ist, in dem die Menschen gut begleitet und beraten werden müssen. Es fragt sich auch, wo wir etwas verbessern können. Und natürlich, wie ich medial und politisch mit solchen Geschichten umgehen soll. Lob bekommt man selten von den Medien, damit muss man leben. Es ist extrem wichtig – auch gegenüber dem Korps – zu betonen, dass es sich wirklich nur um Einzelfälle handelt. Problematisches Verhalten von ganz wenigen soll die Stimmung nicht negativ beeinflussen. Doch wegen solcher Medienberichte kann rasch ein ganzer Berufsstand verunglimpft werden und das ist nicht richtig. Die Kommunikation nach Innen ist enorm wichtig, ich muss vorne hinstehen und all jenen mein Vertrauen aussprechen, die gute Arbeit leisten. Einen kühlen Kopf bewahren, genau hinschauen, das Korps verteidigen, ihm den Rücken stärken. Ich bin die Schnittstelle zwischen Innen und Aussen, ich trage die politische Verantwortung.
Machst du das gerne?
Ich vermittle sehr gerne zwischen verschiedenen Gruppen. Das entspricht mir, darin habe ich Erfahrung, darauf möchte ich auch vermehrt meine Aufmerksamkeit lenken. Es ist mir wichtig, die verschiedenen Interessengruppen zu hören, bevor ich mir eine Meinung bilde und etwas entscheide. Ich spüre auch im Gesamtstadtrat, dass alle gemeinsam die Verantwortung für diese Stadt tragen wollen. Das stärkt mich in meinem Bestreben, für verschiedene Bedürfnisse die optimalen Lösungen zu finden.
Was ist dein Verdienst beim strategischen Plan der Polizei?
Ich habe verschiedentlich Akzente setzen können. Diversity Management in allen Abteilungen soll gefördert werden. Mit unserer neuen Personal-Rekrutierungskampagne wollen wir vor allem auch Secondos und Secondas, Frauen und Menschen, die in dieser Stadt leben, ansprechen Das Nachtleben als Thema muss etabliert werden. Die Aktivitäten in der Stadt verlagern sich immer mehr auch in die Nacht hinein und es entstehen vermehrt Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum. Lärm ist das Thema, das wir nächstes Jahr speziell betrachten wollen. Daneben ist die Koexistenz der verschiedenen Verkehrsmittel, Auto-Velo und Velo-Fussgänger, ein wichtiges Anliegen. Diese strategischen Ziele lege ich als Schwerpunkte fest und setze mich dafür ein, dass dafür Personal und Mittel zur Verfügung gestellt werden. Mir ist eine bürgernahe Polizei wichtig. Sie soll sichtbar sein und den direkten Kontakt zu den Menschen pflegen.
Wie kannst du das erreichen?
Die Schnittstelle zu anderen Organisationen ist wichtig. Man muss mit den direkt Betroffenen reden, die verschiedenen Interessen zum Beispiel an runden Tischen zusammenführen. Diese wichtige Arbeit leistet die Polizei schon jetzt, ich möchte das aber auch mehr bekannt machen. Die Öffentlichkeit soll wahrnehmen, dass die Polizei in sensiblen Bereichen der Gesellschaft einen institutionalisierten Austausch pflegt. Die Grundlagen dazu sind gut, ich möchte darauf aufbauen und diesen Weg weiter beschreiten und optimieren.
Was hast du konkret in deiner kurzen Zeit als Polizeivorstand umgesetzt?
Ich konnte vor allem im Verkehrsbereich dafür sorgen, dass es mit Verkehrsberuhigungsmassnahmen vorwärts geht. Dabei ist es mir wichtig, vernünftige Lösungen zu finden. Im Polizeibereich bin ich durch rege geführte Dialoge mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen daran, gegenseitiges Verständnis und gegenseitigen Respekt zu verstärken. Zudem habe ich etwa auch entschieden, dass nächstes Jahr keine neuen Videokameras im öffentlichen Raum installiert werden.
Du hast in einem Interview gesagt, du seist „im Leben angekommen“. Kannst du das konkretisieren?
Nachdem ich mich seit Jahrzehnten in verschiedensten Bereichen – als Forscher, Berater, Campaigner, Veranstalter – für die Stadt eingesetzt habe, ist es eine besondere Freude und Ehre, das nun auch als Stadtrat tun zu dürfen. Ich fühle mich wohl, bin zufrieden und mache als Stadtrat eine Arbeit, die ich gerne mache. Es bereitet mir viel Spass, mich praktisch rund um die Uhr für die Stadt einzusetzen, ich gehe darin auf. Ich spüre, dass es der richtige Moment in meinem Leben ist, Stadtrat zu sein.
Merkst du dabei überhaupt, dass Wahlkampf ist?
Ich merke noch wenig vom Wahlkampf, ausser dass ich viele Interviews gebe (lacht). Die Standaktionen, bei denen ich auf öffentlichen Plätzen präsent bin, fangen jetzt erst an. Meine Aufmerksamkeit liegt klar bei meiner Arbeit als Stadtrat. Was den Wahlkampf betrifft, so spüre ich trotz meiner kurzen Amtszeit bereits jetzt einen gewissen „Bisherigen-Bonus“. Ich bin als Amtsinhaber in den Medien und auf der Strasse präsent und nehme Gelegenheiten wahr, mich vorzustellen. Ich realisiere, dass ich heute viel mehr Menschen erreichen kann, als dies noch im Wahlkampf anfangs Jahr der Fall war.
Stimmt das zuversichtlich?
Ja, ich bin zuversichtlich. Letztes Jahr war ich unsicher, was meine Wahl in den Stadtrat betraf, vor allem beim ersten Wahlgang. Heute spüre ich, dass ich mehr Sicherheit und Erfahrung in meinen Auftritten vermitteln kann und durch den Fokus auf mein Departement auch bekannter bin.
Denkst du die Wählenden finden es wichtig, dass du bleibst, um Kontinuität bei der Polizei zu bewahren?
Im Konkordanzsystem hat sich Kontinuität bewährt. Ich erhalte von vielen Menschen, unabhängig von ihrer politischen Couleur, positive Rückmeldungen. Und ja, ich möchte auf der in den letzten Monaten gelegten Grundlage aufbauen.
Wolff bleibt Wolff: Was denkst du darüber?
Ein guter Slogan! Meine Überzeugungen haben sich nicht geändert, auch wenn ich nicht mehr Gemeinderat bin. Vorher war ich als Parteivertreter präsent, als Stadtrat vertrete ich nun auch die ganze Stadt. Trotzdem: Wolff bleibt Wolff – mit Biss. Das trifft zu, das finde ich gut. Das Wolff-Interview als pdf